Als regelmäßig wiederkehrender Pflichttermin im Verband ist die „Börse“ ein klassischer Durchläufer, über den wir selten tiefgehender berichten.

Nicht so am 10. Oktober. Eingeladen waren alle Vereine, alle Abteilungsleiter. Und die Teilnehmerquote war vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse hoch. Am 1. Oktober war ein Herren-Spiel der Stadtoberliga, der höchsten Spielklasse im SFV Halle, nach fünf Roten Karten und einem tätlichen Angriff auf den Schiedsrichter abgebrochen worden. Der Unparteiische – ein aufgrund der Brisanz der Partie angesetzter langjährig aktiver Landesklasse-Referee – musste vor Spielern und Zuschauern fliehen, die Polizei wurde hinzugezogen. Mit Blick auf die Vergangenheit der traurige Höhepunkt einer Entwicklung, die sich abgezeichnet hatte. Nicht der erste Zwischenfall im Verein, wohl aber der mit Abstand heftigste. Bereits im Vorjahr war dieselbe Paarung in Reideburg abgebrochen worden – woraufhin es im Rückspiel bei Kine em zu einer bemerkenswerten Versöhnungsgeste kam.

Doch das ist durch die neuerliche Eskalation Makulatur. Wie schon im ersten Statement von Kine em rechtfertigte sich der Verein auch auf der „Börse“ vor allem damit, dass Fehler des Schiedsrichters den Gewaltexzess verursacht hätten. Dies stieß bei den meisten Vereins- und Verbandsvertretern spürbar auf Befremden. „Die Gesamtstimmung war negativ geladen, weit entfernt vom Charakter der Fußballfamilie, die wir sonst in Halle so häufig erfolgreich verkörpern“, bedauert Sven Wunderlich, SFV-Spielausschussvorsitzender. „Was fehlte, war der hoffnungsvolle Blick nach vorn.“

Sportgericht des Landesverbands wird entscheiden

SFV-Präsident Thomas Paris verwies darauf, dass die Geschehnisse nicht durch die Sportgerichtsbarkeit des Stadtverbands bewertet werden, sondern vom Sportgericht des Landesverbands. Ein sehr detaillierter Sonderbericht des Schiedsrichterteams liegt dafür als Grundlage mittlerweile vor. Medienberichte zum Spiel fußen vor allem auf Polizeiangaben nach deren Ermittlungen. Kine em wiederum äußert sich umfangreich in Sozialen Medien – und erfährt dort überwiegend deutlichen Gegenwind.

Ein vom SFV Halle eingefordertes Sicherheitskonzept wird nun mitentscheidend darüber sein, wie die ausstehenden Spiele des Vereins über die Bühne gehen sollen. „Um das geordnet hinzubekommen und um die nötige Zeit und vielleicht auch Ruhe zu gewinnen, haben wir auch das nächste Pflichtspiel von Kine em gegen Wörmlitz noch einmal abgesetzt. Das nächste Stadtoberliga-Match von Kine em ist dadurch frühestens im November“, sagt Wunderlich. Die Skepsis bei Vereinen und Schiedsrichtern ist angesichts der wenig selbstkritischen Verteidigungsstrategie groß, auch wenn Kine em eigenen Aussagen zufolge mehrere Spieler umgehend aus dem Verein ausschloss.

Die anderen Vereine haben Unterstützung bei der Aufarbeitung signalisiert – die gute Lösung oder ein brauchbarer Ansatz sei aber Wunderlich zufolge an diesem Abend noch nicht dabeigewesen. SFV-Präsident Paris arbeitet bereits daran, das vom Landesverband aufgelegte Projekt MuT („Menschlichkeit und Toleranz im Sport“) an die aktuelle Problemlage anzudocken.

Ein weiterer Spielabbruch am gleichen Wochenende in Seeben blieb im Schatten der Ereignisse quasi unbesprochen – endet freilich ebenfalls vor dem Sportgericht. Hier ging es „nur“ um die Weigerung zur Spielfortsetzung, man fühlte sich durch den Schiedsrichter benachteiligt.

Und sonst so: Pokalauslosung

Beinahe in Vergessenheit gerieten die anberaumten Halbfinal-Pokalauslosungen im Herrenbereich. Weil das Viertelfinale noch nicht ausgespielt ist, ergeben sich am 18. November diese möglichen Konstellationen:

  • Stadtpokal-Halbfinale #1: Sieger Motor/Lettin vs. Sieger Kröllwitz/ESG
  • Stadtpokal-Halbfinale #2: Sieger PSV/Kanena vs. Sieger Neustadt/Nietleben
  • Reservepokal-Halbfinale #1: Sieger PSV II/BSV Ammendorf II vs. Sieger Motor II/Einheit II
  • Reservepokal-Halbfinale #2: Sieger Turbine III/ESG II vs. Sieger Nietleben II/Turbine II