Sonntagmittag auf dem Dautzsch: Schon weit vor Anpfiff eines denkwürdigen Spiels arbeiten Vereinsmitglieder und Hallenser Schiris Hand in Hand für ein perfektes Setting. Technik rollt an, der Platz wird präpariert, Bierflaschen klirren und der Duft von Gegrilltem wabert durch den berühmt-berüchtigten engen „Käfig“ mitten im schicken Ortsteil im Osten der Stadt.  Es soll unvergesslich werden. Und das wird es auch.

Es geht um Ralli. Um Ralf Dilling. Gestorben mit 62 Jahren, von denen er 50 Jahre als Schiedsrichter und davon wiederum 30 Jahre für den Dautzsch aktiv war. Mit viel Unterstützung haben „sein“ Fußballverband und „sein“ Verein ihm zu Ehren – und zugunsten seiner Hinterbliebenen – dieses Benefizspiel organisiert. Eine Schiri-Auswahl tritt heute gegen ein dautzschdominiertes Allstar-Team an. Mehr als 200 Zuschauer kommen, der Käfig füllt sich.

Es ist ein perfektes Wetter an jenem 17. Oktober. Die Sonne lässt sich von ein paar einzelnen Wolken nicht beirren. Tja, und auf einer dieser Wolken wird wohl Ralf Dilling gehockt haben, mit einem Lächeln im Gesicht und einem „Das macht ihr richtig gut da unten!“ auf den Lippen.

Schon vor dem Spiel hat eine Spendenaktion knapp 1200 Euro eingebracht. Fast noch einmal so viel kommt heute aus dem Eintritt zusammen – und geht direkt an Tochter Jana Dilling, die sich gar nicht richtig bedanken kann, weil ihre tränenerstickte Stimme immer wieder versagt. Da sind die Gastro-Erlöse noch gar nicht drin, der Sportverein wird also noch nachschießen. Klar: Geld ist nicht alles, aber in diesem Fall ist es gut investiert.

Fußball: Ja, auch. Sogar mit Andy-Möller-Schwalbe.

Das Fußballspiel ist Nebensache, natürlich. Aber auch keine unwichtige. Die Akteure laufen ein,  „Highway to Hell“ dröhnt aus den Lautsprechern. AC/DC – wie schon zur Beerdigung. Oben rockt Ralf mit, lässt seine Wolke wackeln.

Bis es zur Schweigeminute kommt. Ein Gänsehautmoment.

Das Spiel selbst ist dann eine Halbzeit eins aus der Kategorie „Die meinen das wirklich ernst“. Sogar Fouls gibt’s, so eine Handvoll. „Aber alle eher aus Versehen“, meint Schiri Paul Geißler, dem verletzt nur die Rolle als inoffizieller Co-Trainer der Schiris bleibt. Alle Beteiligten hätten ausreichend Spaß mitgebracht, sagt Geißler, und beschreibt eine „Kommt-wir-kicken-jetzt-hier-für-Ralf“-Atmosphäre.

Das Spiel wird geleitet von Dirk Simon. Obwohl der reichlich Erfahrung aus oberen Ligen einbringt, fällt er auf eine Andreas-Möller-Schwalbe des Hallenser Schiri-Chefs Marcel Theumer herein. „Wahrnehmungsfehler“ heißt das auf Neudeutsch, Augenzeugen berichten gar von einem absichtlichen Knick in der Optik. Und weil der „Gefoulte“ ja bekanntlich nicht selbst schießen soll, verwandelt Schiri Simon den fälligen Elfmeter gleich selbst. Was für ein dreckiger Deal, pfui! [Aber da es sich ja um eine Schiri-Auswahl handelt, gibt es regeltechnisch auch keine Hinderungsgründe :-]

Ein Zehner pro Tor? Na dann halt noch Elfmeterschießen…

So fallen wenigstens Tore. Auch der Gegner kriegt nen Elfer. Und das ist gut so, denn vom Spielfeldrand dringt die Botschaft, dass Ralf Neumann (der „Finanzer“ bei Dautzsch) pro Bude aus der Privatkasse einen Zehner springen lässt. Und weil das beim Endergebnis von 2:1 fürs Allstar-Team am Ende eigentlich ziemlich dürftig ist, kurbelt Schwalbenkönig Theumer zu guter Letzt noch ein Elfmeterschießen an. Da rappelt’s im Karton. So richtig mitgezählt hat keiner, die Ergebnismeldungen schwanken zwischen 7:9 und 13:15.

Was noch gut ankommt, ist die Verlosung diverser Dinge, darunter als Hauptattraktion ein handsigniertes Toni-Lindenhahn-Trikot.  Apropos Trikot: Ein uraltes, aber ungenutztes Schiri-Dress wird von den anwesenden Schiris unterschrieben und an Ralfs Tochter Jana überreicht.

Jürg Schaper, einer der beiden Schiri-Assistenten (und in dieser Funktion zu Ralfs Lebzeiten häufig mit diesem gemeinsam unterwegs), resümiert:  „Diese ganzen Aktionen und die resultierenden Summen sind sowas von beachtlich – das habe ich noch nie erlebt. So eine tolle Kameradschaft. Mit dem Dautzsch hatten wir einfach auch einen kongenialen Partner. Und so traurig der Anlass auch war, war doch auch Platz für Fröhlichkeit. Viele, die sich jahrelang nicht gesehen habe, haben miteinander gequatscht. Ganz so, wie Ralf das auch getan hätte.“

Kaum drei Monate war es her, da hatte eben jener Schaper – der beim SFV Halle für Ehrungen zuständig ist – den nun verstorbenen Ralf Dilling für 50 Jahre Schiri-Dasein geehrt. Auch für den Jubilar gab es seinerzeit ein Trikot, mit einer 50 hinten drauf.

Und wer ganz genau hingeschaut hat, wird bemerkt haben, dass Ralf es auch getragen hat. An diesem denkwürdigen Sonntag. Da oben auf seiner Wolke.

Fotos: Sebastian Behrendt | Textredaktion: Reinhard Franke | mit Vor-Ort-Informationen von: Paul Geißler, Jürg Schaper, Marcel Theumer